Bitte
Keine Glatzköpfe auf Klappstühlen
in Godard-Mänteln vom Flohmarkt.
So anonym wie nur möglich, bitte.
Alles verblasst vor dem Glück selbst.
Nicht schon wieder diese rostige Stimme der Anständigkeit.
Nicht der polierte Schädel der Vergebung.
Figur
Kennst du die gestrichelte Linie,
die eine Frauenhand um ein Lächeln ziehen kann?
Kennst du die Gänsehaut des Todes,
die Statik der Heimkehr?
Das Vorausgesagte, Lichter,
die ganz hinten auf der Zunge leben?
Die Kehrmaschinen, Freund,
die endlos Runden drehen über den Mond?
Wenn nicht –
darfst du mein Nummernschild behalten.
Wenn nicht –
darfst du ab und zu meiner Familie zuwinken.
Einsames Begräbnis
Ich bin froh, dass du tot bist.
Wie auch immer du hießt: Gerrie, Rik, Frans oder Marjolein.
Du hast dein ganzes Leben lang vor dich hin gewelkt,
und jetzt darf ich hier auftreten –
für den schönen Schein,
als nachträgliches soziales Gesicht
des Staates. Wir alle sind froh,
dass du tot bist. Niemand hätte dein Nachbar
sein wollen. Geld hättest du von uns nicht bekommen.
Poesie schon. Und Anstand.
Anstand haben wir immer übrig.
Deine Seele mag
ein demokratischer Film
in einem kleinen B-Saal sein —
aber wir finden es wichtig,
dass es gut ausgeht, Gerrie.
Rik. Frans. Marjolein.
Hahn
In seinen schwarzen Augen
flackern die Frittenstädte der Zukunft.
Er knabbert an den Seelchen
ausgestorbener Tiere.
Sein Ururgroßvater
hat die Arche versenkt.
Nachts taumelt er
wie eine freundliche Handtasche
durch die Grabbelkiste des Geheges,
ein Quizmaster ohne Preise
und immer mit der richtigen Antwort:
Kikeriki. Die Welt vergeht.
Die Welt geht unter. Kikeriki.
Ich gab meine Blumen an Ester Naomi Perquin
An jenem Abend stimmte alles:
Die Brillen intonierten das Licht
mit der exakt getragenen Würde,
die man – wäre es kein Poesieabend gewesen –
leicht mit der Schwerkraft
selbst hätte verwechseln können.
Es gab eine Gitarre,
einen elitären Reiher, und jemand brüllte
in der Ecke, mit Sonnenbrille.
Ein Grauhaariger spielte den Profi.
Wim Brands rief noch einmal: „Tjakka!“ und
„Tod allen Reihern!“, und Pfeijffer
wurde – der Ordnung halber –
noch einmal kräftig in den Hintern getreten.
Ein fantastischer Abend.
Und hätte Alexandra
mir meine Blumen nicht zurückgegeben,
und wären Samuel, Arjen und Bart
nicht als Grußhunde enttarnt worden –
bliebe von diesem Abend
wohl mehr als nur die Erkenntnis,
dass man einen Gedichtband
nicht signieren sollte mit:
„Für Rik. Von Marieke & Martijn. XXX“
Anschlag
Ein Mann steht in meinem Wohnzimmer
und sucht nach der Geschichte des besseren Lebens.
Er liest die Nachrichten laut vor, mit Betonungen.
Er tut so, als wäre das Wohnen in meinem Haus
eine Frage gemeinsamer Nenner.
Ich halte seine Hand auf Zimmertemperatur
und erzähle ihm Geschichten
über den Sinn von Pfand.
Glück, sage ich, ist Tauschhandel.
Kuh gegen Pferd,
Ferkel gegen Ferkel.
Es gibt auch ein anderes Leben, weit entfernt.
Darum musste man borgen.
Du leihst mein Wohnzimmer,
ich deine Hand.
Wenn wir Betonungen verkaufen könnten
wie die Jungs vom Nachrichtenstudio,
wäre alles anders gewesen.
Jetzt werden wir langsam
von der Zukunft eingesammelt –
wie die geistreichen Träume eines Menschen,
der nur im Dialekt
des verdünnten Beifalls spricht.
