Im Vorzimmer der Ewigkeit
sitzt Frau Kasulke mit Stempelhand,
ihr Lächeln klingt nach Plastiktopf
und abgepacktem Fragenstand.
Der Teppich riecht nach Nachkriegswahl,
der Aktenberg blüht leise Moos,
ein Tacker lacht, metallisch schräg,
und schnallt uns fest – ganz hemmungslos.
Ein Mann, der seine Haare zählt,
fragt nach dem Sinn des Formulars,
doch Antwort tropft nur feldgrau raus,
ein Wort wie „Zuständigkeit“ – und das war’s.
Die Uhr im Flur schlägt Amtston sieben,
die Schatten tragen Sakkos aus Blei,
ein Mädchen hebt den Ausweis auf,
ihr Blick sagt „Nein“, der Stempel sagt „Mai“.
In dieser Halle, voller Wand,
verliert das Ich sein Eigentlich,
und zwischen „bitte warten“ und dem Schrillen
wird das Frühstück zum Geschichtsbuch schlicht.
Ein Baum trägt Schilder mit Paragrafen,
ein Hund bellt Goethe aus dem Mund,
und niemand fragt, wer hier noch träumt –
sie falten uns zur Bundesform, gesund.
Doch nachts, wenn das Klemmbrett schweigt,
wird Frau Kasulke von Schubladen geweckt:
In ihr wohnt ein Neugeborenes, das nur rückwärts weint.
Egon Schnörkel.